Die Pille

Unter den unzähligen Medikamenten, die die Pharmazie im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat, ist kaum ein zweites, das die Menschen so stark in zwei Lager gespalten hat, wie die Antibabypille.
Sie ist ein Beispiel dafür, dass medizinische Forschung auch Werte in Frage stellt, an denen Humanität im moralischen Sinn hängt.
Die hormonelle Antikonzeption, wie man wissenschaftlich die Empfängnisverhütung durch Einsatz von Hormonen bezeichnet, erlaubte es einerseits den Frauen, ihre Stellung in der Gesellschaft neu zu definieren. Sie ist nicht mehr länger an das Rollenbild Hausfrau und Mutter gebunden und kann aufgrund der neuen sexuellen Freiheit Privat- und Berufsleben besser planen und organisieren. Die Frau hat seit der Pille die Möglichkeit, ihre ureigenste Angelegenheit, Kinder zu bekommen oder nicht, selbst zu entscheiden.

Andererseits rief die Pille viele Gegner auf den Plan. Am nachhaltigsten ist diese Gegenströmung mit der Enzyklika „Humanae vitae“ von Papst Paul VI aus 1968 dokumentiert. Der Eingriff in das werdende Leben war mit den Glaubensgrundsätzen der röm.-kath. Kirche nicht vereinbar. Besonders in Italien und Spanien war der klerikale Widerstand über Jahrzehnte besonders ausgeprägt.
Interessant ist aber auch, dass die Frauenbewegung der Pille anfangs skeptisch gegenüberstanden. Nicht nur weil die ersten Pillen anfänglich schlecht verträglich waren und die Einnahme nicht über lange Zeit ausgetestet war. Sicherlich haben sich die Wogen zwischen Befürwortern und Gegnern der Pille im Laufe der mehr als 30 Jahre geglättet, sie sind aber nicht verschwunden.
Erfinder der Pille ist ein Wiener
Dabei begann die Geschichte der Pille ganz harmlos. Sie wurde nicht erfunden, sie wurde entwickelt. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass der Mann, der die Pille entwickelt hat, als „Mutter der Pille“ bezeichnet wird. Es handelt sich um den Chemiker Carl Djerassi, der sich selbst als „der Mann, der das erste orale Verhütungsmittel synthetisiert hat“, bezeichnet.
Djerassi wurde 1923 in Wien geboren, lebte in Bulgarien, verbrachte seine Schulzeit wieder in Wien und emigrierte 1938 in die USA. Mit 22 Jahren promovierte er als Doktor an der Universität von Wisconsin. Sein Hauptarbeitsgebiet wurden die Sterine, eine Kohlenstoffverbindung, die bei Mensch und Tier vorkommt, das bekannteste ist das Cholesterin.
1951 gelang ihm und seinem Team die erste Synthese eines steroidalen oralen Kontrazeptivums. Das war zuerst eine Vorstufe für das Gestagene und anschließend das Östrogen. Dabei war das Forschungsziel anfänglich nicht darauf ausgerichtet, ein orales Verhütungsmittel zu entwickeln sondern zielten auf eine Behandlung von zu häufigen und zu starken Blutungen der Frau.
Studien unter WHO-Aufsicht - Djerassi und seinem Team war zu diesem Zeitpunkt die Wichtigkeit dieser Entwicklung gar nicht bewusst.
Teilweise unter der Aufsicht der Weltgesundheitsorganisation WHO folgten breit angelegte klinische Studien über die Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Substanzen. Die Versuche wurden in Thailand, Puerto Rico, Mexiko und den USA meist mit Versuchspersonen aus der ländlichen Bevölkerung durchgeführt. Obwohl die Frauen wussten, worauf sie sich einließen, wurde Djerassi vorgeworfen, Frauen als „Versuchskaninchen“ zu benutzen.
Das Ergebnis der langjährigen Untersuchungen war, dass die ovulationshemmenden Eigenschaften der Pille nicht nur für die Empfängnisverhütung, sondern auch für die Menstruationsregelung verwendet werden konnte.

1957 wurde die „Pille“ in den USA zugelassen, seit 1962 ist sie in Deutschland am Markt. Ein Grund für die schnelle Akzeptanz war, dass sie eine „Pille“ ist und nicht injiziert werden muss. Heute sind etwa 30 orale Kontrazeptiva (Verhütungsmittel) am Markt und 40 % aller Frauen verhüten mit der Pille. Die Zuverlässigkeit der Pille wird in einer Maßzahl nach dem Pearl-Index angegeben, je kleiner der Pearl-Index umso sicherer das Verhütungsmittel.
Eine Weiterentwicklung in der Darreichungsform sind der kontrazeptive Vaginalring und seit 2003 das kontrazeptive Pflaster. In den USA ist das Verhütungspflaster innerhalb kürzester Zeit nach der Pille zur zweitbeliebtesten Verhütungsform aufgestiegen. Laut Umfrage empfinden es die Frauen positiv, dass das tägliche Schlucken entfällt und der Wirkstoff über die Haut aufgenommen wird. Bei Magen-Darm-Problemen hat das Pflaster auch eine höhere Verhütungssicherheit. Eine Sonderstellung nimmt die postkoitale Kontrazeption ein. Die „Pille danach“ ist eine Hormonzufuhr unmittelbar bis max. 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr. Diese Art der Verhütung ist aber ein reines Notfallskonzept.
Pille für den Mann: sie kommt, die Frage ist nur wann
Der Erfolg der Pille ist ein ästhetisch und psychologisch perfektes Mittel um Sex und Liebesglück vom Kinderkriegen abzukoppeln. Schlussendlich bleibt noch eine Frage offen: Wann kommt die Pille für den Mann? Vor kurzem war zu lesen, dass ein bekanntes Pharmaunternehmen einen groß angelegten Feldversuch mit der „Pille für den Mann“ gestartet hat. Um aber zu hören, dass ein Mann sagt „Ich nehme die Pille!“ müssen Sie sich sicher noch ein paar Jahre gedulden.
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